Was mir gestern beim Warten aufs Taxi am Flughafen aufgefallen ist: Irgendwie sind es ganz bestimmte Bevoelkerungsgruppen, die zum Wochenende in Las Vegas einfallen. Ohne Wertung, nur beobachtend: Bei einer Autorenlesung wuerde man vermutlich die wenigsten sehen. Und: Die Fahrt vom Flughafen zum Hotel kostete inklusive Trinkgeld 25, die Fahrt heute vom Hotel zum Flughafen 15 Dollar. Dabei sind wir die gleiche Strecke gefahren. Und, und: Mein Taxifahrer gestern in San Francisco schien etwas muerrisch und wirkte eher wie ein baerbeissiger, irisch-amerikanischer Pub-Besitzer, hatte jedoch durchaus Ahnung von Spielen und diskutierte mit mir lebhaft ueber “Doom 3”, “Sim City 4000” – gibt’s das ueberhaupt? muss ein paar tausend Teile verpasst haben – und diverse andere Titel. Und er fand “StarCraft” besser als “WarCraft 3”. Empfahl ihm zum Abschied “Half-Life 2” und “FEAR”, wobei ich letzteres selbst noch mal vernuenftig spielen muss.

Blick nach vorn ohne Zorn.
Derzeit auf Pressetour in Sin City. Für heute muss der Blick aus meinem Hotelzimmer reichen.

Regelmäßig verkünden deutsche Gelehrte den Untergang der Sprachkultur. Liebe Leute, schaut nach Amerika. Das hat es bei weitem nicht besser. Beweisstück Nummer eins: mein Name, auf einen Kaffeebecher geschrieben von LaRaShonda P. (Name geändert) im Flughafen von Salt Lake City.
Wie meinen?
Beweisstück Nummer zwei: ein weiterer Kaffeebecher. Diesmal beschriftet von James G. (Name geändert) am Union Square, San Francisco.
Erm, wie bitte?
Wie sagte schon Dr. Siegmund Freud? “Close, but no cigar.”

Zum Dank dafür, dass ich heute ein Heathrow-T-Shirt trug, durfte ich in Seattle trotz schweigendem Metalldetektor an einer strengen Durchsuchung teilnehmen. Alles Schergen. Anschließend folgte bei Starbucks dieser Wortwechsel:

Ich: Ein Apfelteilchen und einen mittelgroßen Cafe Latte, bitte.

Schergin: (unverständlich)

Ich, auf die Apfelteilchen deutend: Ein Apfelteilchen.

Schergin, erleichtert: Oh, wir haben ja doch noch welche.

Vermutlich wollte die Schergin mir zu verstehen geben, dass die Teilchen ausverkauft gewesen seien – meine Antwort darauf war dann mal erfreulich unamerikanisch-beharrlich. Sehr schön. War sogar halbwegs wohlschmeckend.

Wieder in San Francisco. Relativ ereignisarme Reise, bis auf Crying Baby Airlines von Brüssel nach Washington, D.C. Etwas seltsam die Monitore im Vordersitz, die sich nicht kippen ließen und so bei einer Neigung der Vordermannrückenlehne gewisse Erkennungsprobleme mit sich brachten. Oh, und die Koffernazis nicht vergessen, die mich am Flughafen Brüssel am Gate (!) ausrufen ließen. Der Grund: Eine Handvoll Mitreisende und ich hatten uns erdreistet, von einem anderen Flughafen anzukommen, da wollten die Burschen wissen, ob wir dort eventuell gefährliche Dinge eingeschmuggelt hätten. Wann hat wer den Koffer gepackt und so weiter. Infolgedessen betrat ich dann fast als Letzter den Flieger. Immerhin ein recht entspannter Gangplatz in United Economy Plus mit besserem Essen als auf dem Hinflug. Bitte U.S. Airways meiden. Selbst die von vielen Ex-Kollegen geschmähte Air France hat da heute besseres Futter. Was Lustiges zum Schluss: Wer hat meine Kreditkarte benutzt, um vor zwei Wochen in London Herrenbekleidung zu erwerben? Da war ich nämlich bei der Family in Essen.

Zwei Wochen, zwei Hochzeiten – das offizielle Besuchsprogramm neigt sich dem Ende zu. Meine aktuellen, frisch in eine neue Wohnung gezogenen Gastgeber hatten noch leichten Internet-Kummer, weil die beantragten Telefon- und DSL-Leitungen noch immer auf sich warten lassen. Doch der US-Korrespondent wusste Rat und konnte sie in die Geheimnisse offener WLAN-Netzwerke einweihen. Bevor er sich Freitag zum heiteren Treffen mit vier Ex-Kollegen verabschiedete, Samstag quasi ganztägig hochzeitstechnisch unterwegs war und Sonntag dreimal zwei Freude back to back besuchte. War trotzdem schön. Heute abend wird gepackt, es gilt, die zulässige Nutzlast von 23 Kilogramm pro Koffer nicht zu überschreiten.

Immerhin fragt mich bei meinem aktuellen Besuch in Deutschland keiner mehr, ob ich mich in den USA gut eingelebt habe. Das wäre nach über zwei Jahren San Francisco auch etwas schräg. ich selbst fühle mich hier nach knapp zwei Wochen immer noch irgendwie unterwegs und nicht richtig “angekommen”. Das auf die Zeitverschiebung, das Wetter, den mangelnden Schlaf und dergleichen zu schieben, wäre einfach. Aber so einfach ist es nicht. Komisch nur, dass ich mich auch zuletzt in San Francisco etwas unrund gefühlt habe und mich auf die zwei Wochen in Deutschland schon etwas gefreut hatte. Hmm. Vielleicht muss ich mal einen echten, richtigen Urlaub ins Auge fassen, in dem ich keine Artikel schreibe, Besorgungen unternehme und einfach mal faul in der Sonne liege. Der letzte “richtige” Urlaub in Andalusien liegt immerhin schon über drei Jahre zurück.

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